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kein Bewährungswiderruf bei Unzuverlässigkeit

Das bloß sporadische Aufsuchen der Bewährungshelferin kann für sich genommen nicht bereits als ein „sich Entziehen" im Sinne des § 56f Abs. 1 Nr. 2 StGB angese-

hen werden, so das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht, Beschluss vom 19.09.2013, 2 Ws 331 + 332/13.

 

Die Strafkammer des Landgerichtes hatte die Bewährung widerrufen. Auf Beschwerde der Verteidigung hin hob das Schleswig - Holsteinische Oberlandesgericht die Entscheidung der Vorinstanz auf. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht, wörtlich zitiert, unter anderem folgendes aus:

"Das bloß sporadische Aufsuchen der Bewährungshelferin kann für sich genommen nicht bereits als ein „sich Entziehen" im Sinne des § 56f Abs. 1 Nr. 2 StGB angesehen werden. Nach der genannten Vorschrift muss jedenfalls hinzukommen, dass dieses Verhalten beharrlich ist, und es muss überdies im Sinne eines Kausalbezuges die Besorgnis neuer Straffälligkeit begründen. Es geht bei Nr. 2 um eine korrigierte Prognose, nicht um die Ahndung von Disziplinlosigkeiten in der Lebensführung oder Unbotmäßigkeiten gegenüber dem Bewährungshelfer.

Ein Bewährungswiderruf kann nicht allein als „Bestrafung" für die von der Bewährungshelferin berichtete schleppende Wahrnehmung der Besprechungstermine und die Versäumung eines gerichtlichen Anhörungstermins durch den Verurteilten erfolgen, denn der Widerruf dient nicht der Bestrafung für Bewährungsversagen. 

Entscheidend ist vielmehr, ob im Rahmen einer vom Gericht vorzunehmenden Gesamtabwägung des Verhaltens des Verurteilten während der Bewährungszeit derartige Verstöße in ihrer konkreten Bedeutung zu krimineller Neigung und Auffälligkeit eines Verurteilten so in Beziehung stehen, dass weitere Straftaten zu besorgen sind. Insoweit bedarf es hinreichend konkreter Anhaltspunkte und vor allem einer konkret-aktuellen Prognose, die sich insbesondere auch mit den Gründen der festgestellten Verstöße auseinander setzt (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2009, Az. 2 Ws 391/09 (262/09) m.w.N.)".