Rechtsanwälte HSH

Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI)

Diese ist, so der Bundesgerichtshof, zwischen Privatpersonen weiterhin anwendbar.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte in einem von der Europäischen Kommission betriebenen Vertragsverletzungsverfahren durch Urteil vom 4. Juli 2019 (C-377/17) entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie) verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat.

In der Instanzrechtsprechung sowie im Schrifttum war daraufhin ein Meinungsstreit darüber entstanden, ob die betreffenden Vorschriften der Dienstleistungsrichtlinie im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen in der Weise unmittelbare Wirkung entfalten, ob die in der HOAI geregelten Mindestsätze noch verbindlich sind und eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren unwirksam ist.

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Architekten- und Ingenieurverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat daraufhin im vorliegenden Revisionsverfahren dem EuGH in einem Vorabentscheidungsersuchen mehrere Fragen zur Unionsrechtswidrigkeit des verbindlichen Preisrechts der HOAI (2013) vorgelegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 59/2020). Der EuGH hat durch Urteil vom 18. Januar 2022 (C-261/20 - Thelen Technopark Berlin) entschieden, dass das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, nicht allein aufgrund des Unionsrechts verpflichtet ist, eine nationale Regelung unangewendet zu lassen, die unter Verstoß gegen die in Rede stehenden Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren festsetzt und die Unwirksamkeit von Vereinbarungen vorsieht, die von dieser Regelung abweichen.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 02.06.2022 in dem zugrundeliegenden Revisionsverfahren VII ZR 174/19 nunmehr eine abschließende Entscheidung getroffen.

Nach dem im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteil des EuGH vom 18. Januar 2022 (C-261/20 - Thelen Technopark Berlin) steht fest, dass der Bundesgerichtshof im Streitfall nicht aufgrund Unionsrechts verpflichtet ist, das verbindliche Mindestsatzrecht der HOAI unangewendet zu lassen. Der Bundesgerichtshof hat insoweit auf seine Ausführungen im Beschluss vom 14. Mai 2020 (VII ZR 174/19) Bezug genommen. Ergänzend hierzu hat er darauf hingewiesen, dass die Geltendmachung eines Anspruchs durch eine Partei insbesondere nicht deshalb gemäß § 242 BGB als treuwidrig und damit unzulässig bewertet werden kann, weil die nationale Rechtsvorschrift, aus der der Anspruch hergeleitet wird, gegen eine Richtlinie der Europäischen Union verstößt.

 

Bei Interesse an weiteren Einzelheiten finden Sie die Pressemitteilung zu dem zum Zeitpunkt der Einstellung dieses Artikels noch nicht veröffentlichen Urteil (BGH, Urteil vom 02.06.2022, VII ZR 174/19) über den nachstehenden Link.