Rechtsanwälte HSH

Schadensersatz

Vorrang des fließenden Verkehrs führt zur vollen Haftung des Einfahrenden.

Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.

Die Klägerin ist Halterin eines Transporters, der in einer längs zur Fahrbahn angeordneten Parkbucht auf der rechten Seite der in Fahrtrichtung zweispurigen Straße abgestellt war. Die Beklagte hatte mit ihrem Pkw einen Wechsel vom linken auf den rechten Fahrstreifen zu mehr als der Hälfte vollzogen, als sie mit dem ausparkenden Fahrzeug der Klägerin zusammenstieß. Das Klägerfahrzeug ragte zum Zeitpunkt der Kollision mit der linken Front in den rechten Fahrstreifen der Straße hinein und bewegte sich nach vorne.

Nach Auffassung des Amtsgerichtes und nach eingelegter Berufung auch des Landgerichtes sei von einer hälftigen Schadensteilung auszugehen, da auf Seiten der Klägerin ein Verstoß gegen § 10 Satz 1 StVO und auf Seiten der Beklagten ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO bei gleichwertiger Betriebsgefahr vorliege.

Anders der Bundesgerichtshof in der letzten Instanz. Der Vorrang des fließenden Verkehrs gilt grundsätzlich für die gesamte Fahrbahn. Der Einfahrende hat sich darauf einzustellen, dass der ihm gegenüber vorrangig Berechtigte in diesem Sinne von seinem Recht Gebrauch macht. Auch das Befahren des linken Fahrstreifens durch den am fließenden Verkehr teilnehmenden Fahrzeugführer beseitigt nicht die Verpflichtung des Einfahrenden, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu belassen und diesen nicht zu. Der Einfahrende kann nicht darauf vertrauen, dass die rechte Fahrspur frei bleibt. Vielmehr muss er stets mit einem Fahrstreifenwechsel eines Teilnehmers des fließenden Verkehrs rechnen.

BGH, Urteil vom 08.03.2022, VI ZR 1308/20. Bei Interesse an weiteren Einzelheiten finden Sie die Entscheidung nach den nachstehenden Link.<p/&